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Fragen an Christoph Jentzsch

Blockchain-Domains: Potenziale und Herausforderungen

Es treten immer wieder neue Ideen und Potenziale rund um das Thema Blockchain auf. Wir haben die Möglichkeit bekommen, mit einem der Pioniere im Bereich Web3 zu sprechen, Christoph Jentzsch.

Christoph ist schon immer begeistert von dezentralen Systemen gewesen und beschäftigte sich noch während seiner Tätigkeit als theoretischer Physiker in Dresden intensiv mit dem Thema Krypto und Blockchains. Internationale Bekanntheit erlangte er durch die Gründung der Firma DAO (decentralized automated organisation), welche als erstes dezentrales Unternehmen ohne Mitarbeiter einem operativen Geschäft nachging.

Mit seinen verschiedenen Startups arbeitet Christoph an den unterschiedlichsten Projekten im Bereich Web3. Mit uns sprach er (unter anderem) über seine Vision im Bereich Blockchain(-Domains).

Hallo Christoph,
vielen Dank, dass du dir Zeit für ein paar Fragen rund um das Thema Blockchain-Domains nimmst. Für wen sind aus Deiner Sicht Blockchain-Domains relevant? Ist das ganze Thema nur etwas für beispielsweise Technik-Nerds und Unternehmen?

Christoph Jentzsch: Wenn ich über Blockchain-Domains spreche, dann meine ich eigentlich immer ENS-Domains (Ethereum Name Service-Domains). Sie sind in meinen Augen die Einzigen mit der nötigen Kredibilität und Akzeptanz.
Meines Erachtens ist ein ENS-Name heute der neue Username im Web3. Denn die Funktionalität geht deutlich darüber hinaus, was eine Web2-Domain ist. Entsprechend sind sie daher auch relevant für jeden, der sich im Web3-Umfeld bewegt. Also nicht nur für Nerds und Unternehmen.

In welchen Bereichen kommen Blockchain-Domains heute schon zum Einsatz und wo siehst du die zukünftigen Anwendungsfälle?

Jentzsch: Wenn man sie als Username versteht, kommen sie in fast allen Web3 Apps zum Einsatz.
Die direkteste und einfachste Anwendung ist, dass ich damit meiner Wallet einen Namen gebe. Jemand kann dann Geld oder Tokens zum Beispiel an jentzsch.eth schicken, anstatt an 0x168fA8Cd956Ce2D1eE7fA363ef4AE27AA6F80b20.

Der Web2-Vergleich wäre die Kontonummer, also die IBAN. Wäre doch schön, wenn das einfach <MeinName>.<meineBank>.com wäre. Im Web3 ist das mit ENS schon der Fall.

Da ENS-Namen auf Ethereum-Adressen verweisen, bedeutet dies, dass es nicht nur Wallets sind, sondern vor allem auch sogenannte Smart Contracts. Diese stehen für Blockchain-Anwendungen, zum Beispiel im Bereich DeFi, NFT oder andere.

Wenn ich zum Beispiel mit einer Web3-Anwendung interagieren möchte, bei der on-chain eine Wahl stattfindet, kann ich sicherstellen, dass ich mit dem richtigen Smart Contract interagiere, weil er hinter dem ENS-Namen des Projektes abgelegt ist. Zum Beispiel wahl.<companyname>.eth. Das gibt mir erhöhte Sicherheit bei Interaktionen im Web3.

Ein anderes Anwendungsbeispiel ist Kommunikation. Um einer Person eine Nachricht zu schreiben, brauche ich dafür ihren öffentlichen Schlüssel, um die Nachricht zu verschlüsseln. Außerdem benötige ich eine URL, wo ich sie hinschicken kann. Wenn man diese Information unter seinem eigenen (ENS) Namen ablegt, hat man ein weitaus besseres Messengersystem als zum Bespiel E-Mail (unverschlüsselt) oder Instant-Messenger (Silos).

Ein Produkt, an dem wir derzeit arbeiten, ist DM3. Dabei handelt es sich um ein Protokoll, das auf ENS aufsetzt und genau das gerade Formulierte realisiert. Dazu habe ich erst vor Kurzem einen Blog Post geschrieben.

Blockchain-Domains gibt es unter anderem von ENS (Ethereum), Handshake und Unstoppable Domains. Jeder bietet andere Endungen auf unterschiedlichen Blockchains an.
Was wird aus deiner Sicht am Ende darüber entscheiden, welcher Standard sich durchsetzt?

Jentzsch: Ich bin wahrscheinlich etwas voreingenommen, weil ich seit 2014 bei Ethereum aktiv bin. Ich glaube dass sich ENS schon lange durchgesetzt hat. Die Anzahl der registrierten Domains, und vor allem deren Marktwert, sind bei ENS deutlich höher als bei den anderen. Außerdem ist ENS das einzige Projekt, das hinreichend dezentral gegründet und verwaltet wird. ENS ist im Web3-Space, was .com im Web2-Space ist. Es werden meiner Meinung nach die wertvollsten und wichtigsten Domains bleiben, weil der Netzwerkeffekt hier sehr stark ist und sie die nötige Kredibilität haben.

Die Registrierung einer Blockchain-Domain ist im Vergleich zur normalen Domainregistrierung mit mehr Aufwand verbunden. Was ist aus deiner Sicht notwendig, um Blockchain-Domains für den breiten Markt zugänglicher zu machen?

Jentzsch: Wenn man schon eine Wallet mit etwas ETH hat, halte ich es tatsächlich für einfacher. Ich brauche keinen KYC-Prozess zu durchlaufen oder muss mich bei einem Registrar anmelden. Ich kann mir direkt ohne Mittelsmann auf app.ens.domains eine Domain registrieren – technisch gesehen könnte ich es auch ohne WebApp auf der Kommandozeile machen. Da es ein offener Standard ist, gibt es auch mehrere Marktplätze, wo man bereits registrierte Domains handeln kann – zum Beispiel bei OpenSea.

Damit es noch einfacher für die Masse wird, müssen Wallets noch einfacher und massentauglicher werden.

Amazon hat vor nicht allzu langer Zeit eine Million Dollar für amazon.eth geboten. Die Kaufanfrage blieb vom Domaineigentümer unbeantwortet. Man könnte vermuten, dass er auf ein höheres Angebot spekuliert.
Wie siehst du seine Chancen? Wird das Geschäft von An- und Verkauf von Blockchain-Domains ähnlich wie bei traditionellen Domains immer relevanter? Steigen die Preise von bereits registrierten Domains?

Jentzsch: Ich glaube ja. Für ein Projekt, das ich kürzlich gestartet habe, war die .eth-Domain teurer als die Web2-Domain. Ich sehe momentan keinen Grund, warum ENS-Namen im Wert sinken sollten – eher im Gegenteil. Da die Nutzung über die klassischen Webseitennamen im Web2 hinausgeht und ENS-Namen eben für Wallets, Anwendungen und vor allem als Usernamen verwendet werden ist der Markt mittelfristig sogar noch größer als der Web2-Domainmarkt.

Bei klassischen Domains gibt es etablierte Verfahren, über die Markeninhaber ihre Rechte durchsetzen können. Registriert ein Unberechtigter den Begriff einer eingetragenen Marke als Domain, kann der Markeninhaber mit Hilfe dieser Verfahren effektiv dagegen vorgehen. Für Blockchain-Domains gibt es solche Verfahren bisher nicht. Wie sehr wird das die Nutzung von Blockchain-Domains durch Unternehmen möglicherweise ausbremsen?

Jentzsch: Das ist Vor- und Nachteil zugleich. Web3-Domains basieren auf einem sehr starken, nicht manipulierbaren Register, der Public Blockchain. Daher kann wirklich nur der Besitzer, also der Inhaber des zur Domain gehörenden privaten Key über die Domain verfügen. Das macht sie tatsächlich noch wertvoller. Amazon kommt aus diesem Grund nur an Amazon.eth, wenn der Verkäufer die Transaktion signiert.

Das führt aber auch dazu, dass es tatsächlich sehr schwer ist, an die Domain seiner Firma heranzukommen. Domain-Name-Squatting ist ein echtes Problem für Web3-Domains, und ich sehe da auch keine effektive Lösung in Sicht, außer es über den Preis zu lösen.

Mit Corpus bist du mit verschiedenen Web3 Projekten beschäftigt. Arbeitet ihr an Produkten oder Services, die Blockchain-Domains nutzen?

Jentzsch: Ja, alle unsere Produkte nutzen ENS, auch wenn sie nicht direkt damit zu tun haben. Zum Beispiel Tokenize.it, ein Produkt, das Firmen die Möglichkeit bietet, ihre Anteile zu tokenisieren, um Unternehmensfinanzierung und Mitarbeiterbeteiligung darüber abzuwickeln. Wir haben die tokenize-it.eth Domain, und werden unseren Kunden eine Subdomain geben. Das ist die Adresse, die man dann auch für Investments nutzen kann. Damit kann man zum Beispiel einfach USDC oder EURO-C an myGmbH.tokenize-it.eth senden und im Austausch Anteile der Firma in Form von Token erhalten.

Direkt mit ENS verbunden hingegen ist unser Produkt DM3, wie oben beschrieben. Ich glaube, es gibt kaum Web3-Projekte, die nicht ihren ENS-Namen haben und nutzen.

Das Interview führte Michael Müller.

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