Der Fehler, der in der vergangenen Woche das „TLD-Application-System“ (TAS) der Internetverwaltung ICANN lahmlegte, war den Verantwortlichen offenbar seit Ostern bekannt. Durch das Datenleck konnten Bewerber die Namen von Dateien sehen, die andere Teilnehmer des Verfahrens ins System geladen hatten.
Laut Medienberichten, war den Verantwortlichen der ICANN spätestens seit dem 6. April bekannt, dass das System für das Einreichen der New-TLD-Bewerbungen eine gravierende Lücke aufweist. Erste Hinweise auf dieses Problem erhielt ICANN laut eigenen Angaben bereits am 19. März durch eine entsprechende Meldung eines Nutzers. Warum das Problem anschließend nicht gelöst werden konnte, woraufhin das System in der vergangenen Woche sogar komplett abgeschaltet werden musste, erklärt die Verwaltungsbehörde mit Sitz im kalifornischen Marina del Rey nicht.
Was den aktuellen Fall so undurchsichtig macht: ICANN hat bislang nicht die Anzahl der Nutzer genannt, die von dem Problem betroffen waren. Jeder Bewerber muss also fürchten, dass auch seine Daten für einen anderen Bewerber – und potenziellen Konkurrenten – einsehbar waren. ICANN spielte das Problem in einer offiziellen Stellungnahme am vergangenen Wochenende herunter. Es seien nur Dateinamen für Dritte sichtbar gewesen, nicht aber der Inhalt der Dateien.
Doch das dürfte die Betroffenen kaum trösten. Einige Bewerber, die anonym bleiben möchten, haben bereits erklärt, dass sie ihre eingereichten Dateien entsprechend der gTLD-Strings benannt hätten, um die sie sich bewerben. Somit ließen sich deutliche Rückschlüsse aus den Dateinamen ziehen.
Am heutigen Dienstag hätte TAS wieder online gehen sollen – doch wenige Stunden vor dem geplanten Neustart des Systems veröffentlichte ICANN eine neue Erklärung. „Wir glauben, dass wir die Panne behoben haben, und wir testen es, um sicherzugehen“, heißt es da. Das Bewerbungssystem werde erst dann wieder geöffnet, wenn sichergestellt sei, dass das Problem behoben wurde.
Das bedeutet im Klartext: TAS bleibt bis auf weiteres geschlossen. Bis zum kommenden Freitag möchte ICANN aber einen neuen Zeitplan verkünden. Zudem würden nun all jene Bewerber kontaktiert, die von der Panne womöglich betroffen sind.
Ob ICANN am 30. April als „Reveal Day“ für die Veröffentlichung der angenommenen Bewerbungen festhalten wird, ist unklar. Eine erneute Verschiebung des mit Spannung erwarteten Tages wäre jedoch angesichts der neuerlichen Verzögerung im Ablaufplan kaum überraschend.