Eine Frage der wir im Rahmen der Suchmaschinenoptimierung (SEO) immer wieder begegnen, ist die zukünftige Behandlung der neuen Domainendungen (New gTLDs) durch Suchmaschinen. Angestoßen wurde die Debatte erneut Mitte März durch einen Blogbeitrag von Adrian Kinderis (CEO, ARI Registry Services) mit der Frage:
Will a new TLD web address automatically be favored by Google over a .com equivalent?
Wie werden google, bing oder yahoo die neuen Domainendungen bewerten? Ist eine shoes.com besser als eine shoes.shop oder shop.shoes?
Dass eine Antwort auf die Frage nicht einfach ist, zeigt die Debatte um Kinderis Artikel. Während Kinderis davon ausgeht, dass die neuen Domainendungen auf jeden Fall besser ranken werden, wird diese Einschätzung von Matt Cutts (Head of Google’s Webspam Team) nicht geteilt. Auf Google+ weist Cutts die Behauptung der künftigen automatischen Bevorzugung durch Google zurück. Bereits Ende 2011 äußerte sich Cutts zu diesem Thema und führte aus, dass in der Vergangenheit eine Domainendung keinen Einfluß auf die Platzierung eines Suchergebnisses hatte („In the past we have said that we don’t look at the TLD […]“). Cutts sieht dies inzwischen aber differenzierter: „If we see that a particular Top-Level-Domain is really really spammy than that could affect your overall … the way that your search results rank.“ Mit anderen Worten kann die sich die Bewertung einer TLD durchaus auf das Suchergebnis auswirken, in diesem Falle negativ.
Wir werden im folgenden argumentieren, dass es wahrscheinlich ist, dass die neuen Domainendungen Einfluss auf das Suchergebnis haben werden. Kinderis Annahme, dass die New gTLDs immer besser ranken, ist allerdings nicht zu halten.
1. Die Haupteinnahmequelle von google ist die Platzierung von Werbung bei Suchergebnissen. Die Qualität der Suche ist ausschlaggebend für googles Erfolg. google ist in einem gewissen Rahmen darauf angewiesen, die Suchanfrage des Users mit einem zutreffenden Suchergebnis zu beantworten.
2. Zutreffende Suchergebnisse erzielt google, wenn es für einen Rechner verwertbare Anhaltspunkte aussagekräftig auswerten kann. Sofern also die Top-Level-Domain zu einer eigenen, zutreffenden Aussage über die Relevanz von Webseiten führt, ist es für Google sinnvoll, dieses Merkmal in die Bewertung mit einfließen zu lassen.
3. Bisher hat die Top-Level-Domain in einem Domain-Namen keine eigene substantielle Aussage über das Angebot treffen können. Unter einer .com Domain finden sich gemeinnützige Organisationen, unter .org kommerzielle Angebote. Unter .com/.de gibt es die unterschiedlichsten Waren, Dienstleistungen und Informationen. Für Rückschlüsse auf die Sprache ist die ccTLD nicht notwendig; dies übernehmen die abrufbaren Inhalte. Lediglich bestimmte ccTLDs sind bekannt für niedrige Kosten, wenig Kontrolle, schwierige Rechtsdurchsetzung und dubiose Inhalte und genau hierfür sieht google laut Matts eine Abwertung der TLD vor.
Diese Bewertung wird sich ändern, da eine Erfolgsstrategie einer New gTLD Registry sein wird, mit der TLD eine zutreffende Aussage über zu erwartende Inhalte, Sicherheit und Qualität zu treffen:
a) Neue gTLDs haben vor allem dann eine Chance, wenn Sie sich klar von bestehenden TLDs abgrenzen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Bedeutung der TLD den potentiellen Registranten sofort klar ist – idealerweise in möglichst vielen Sprachen. Ein gutes Beispiel ist hier .shop, .berlin oder .rugby.
b) Eine Registry ist dann erfolgreich, wenn sie dafür sorgt, dass sich die Beschreibung und Einordnung der TLD durch den User auch in den Inhalten der darunter verfügbaren Domains bzw. Webseiten widerspiegelt. Eine TLD „.shoes“ könnte also eine eingetragene Marke in der Klasse 25 voraussetzen oder aber Anbieter anderer Produkte ausschließen.
c) Eine Registry könnte Vertrauen in eine neue TLD auch über bestimmte Registrierungsanforderungen schaffen. So könnte z. B. die Registry der .bank TLD über strikte Prüfungen bei der Domainvergabe deutlich mehr Sicherheit bei der Kommunikation mit den Usern gewährleisten.
d) Die Registry kann konsequent gegen SPAM, Phishing und Seiten, auf denen User getäuscht werden, vorgehen.
Die Einbindung einiger dieser Faktoren in den Betrieb einer Registry sollte dazu führen, dass google auf die TLD als Relevanzfaktor für eine Suchanfrage zugreift. Je klarer sich die TLD von anderen abgrenzt und dazu eine von Google verwertbare Aussage trifft, desto höher wird wahrscheinlich die Relevanz der TLD für das Suchergebnis werden.
Einen Startvorteil aller new gTLDs, wird es laut Cutts bei Google nicht geben. Die Äußerungen Cutts’ schließen jedoch eine selektive Bevorzugung einzelner New TLDs nicht aus. Sofern die oben genannten Merkmale im Betrieb der Registry konsequent beachtet werden, ist ein Relevanzbonus für einzelne TLDs durchaus sinnvoll. Das dieser Weg nicht einfach ist, zeigen die Suchergebnisse für die TLD .travel. Auch .travel ist eine nachträglich eingeführte TLD. Wenige kennen Sie, noch weniger nutzen sie und einen Vertrauensvorschuss hat sie ebenfalls nicht. Aufgrund der Vielzahl von New gTLD Bewerbungen ist es aber wahrscheinlich, dass es einige TLDs schaffen werden, die oben erklärte klare Botschaft zu vermitteln. Während es bisher nur 22 gTLDs gibt, können ab 2013 sukzessive theoretisch bis zu 1.409 neue Domainendungen dazukommen.
Bis new gTLDs von einer Mehrheit akzeptiert und verwendet werden, wird noch etwas Zeit vergehen. Einen Umzug zu einer neuen TLD werden voraussichtlich zuerst Unternehmen wagen, die eine eigene TLD beantragt haben. Für diese ist ein Umzug durchaus mit Vorteilen verbunden. So ist es z. B. gerade bei der Suche nach Marken auch für Google sinnvoll, das sichere Kriterium einer geschlossenen TLD in die Bewertung mit einzubeziehen. Zunächst aber werden beide Angebote parallel bestehen bzw. auf die New gTLD weiterleiten (z. B. apple.de und apple.com verweisen auf .apple).
Für erfolgreiche bestehende Angebote unter klassischen TLDs wie .de oder .com zu einer offenen TLD sollte ein Umzug sehr genau überlegt werden. Overstock.com war mit seinem Umzug auf o.co nicht erfolgreich. Anders ist es für junge Unternehmen oder etablierte Unternehmen, die in einem neuen Geschäftsfeld Fuss fassen wollen. New gTLDs bieten hier neue Möglichkeiten zu experimentieren.
Ein entscheidender Vorteil für Suchmaschinen, new gTLDs in Zukunft als Bewertungskriterium zu verwenden, ist die fehlende Möglichkeit, die TLD in einer Domain einfach abzuändern. Während Kriterien wie Keyworddichte, Texte, Backlinks etc. relativ einfach geändert und damit immer weiter an Google’s Bewertungsalgorithmus angepasst werden können, ist dies mit einer TLD als Teil des Domainnamens nicht möglich. Um in den Genuss der Bewertungsvorteile einer bestimmten TLD zu kommen, müsste eine neue Domain registriert werden, deren Registrierungenanforderungen oft nur mit erhöhten administrativen und wirtschaftlichen Aufwendungen zu erfüllen wären. In der Regel wären diese Aufwendungen wohl unwirtschaftlich, wenn die oben beschriebenen höheren Registrierungsanforderungen konsequent durchgesetzt und überprüft werden würden. Damit würde gerade für Suchmaschinen ein interessantes Kriterium in Form der Top-Level-Domain entstehen. Die Reaktionen auf Cutts’ Äußerungen, dass damit new gTLDs keinen Einfluß auf die Bewertung einer Website haben würden sind daher verfrüht.